Bismarcksches Landgut Welle

Die „Köstliche aus Charneux“ hat eine neue Heimat

Südlich, kurz vor der Hansestadt Stendal versteckt sich der Abzweig. Eine kleine Landstraße führt von der Bundesstraße 189 über die Dörfer Dahrenstedt und Dahlen nach Welle. Der Straßenrand ist gesäumt von alten Bäumen. Es sind Birnen der Sorte „Köstliche von Charneux“. Eine sehr alte Sorte, älter als 200 Jahre. Die Bäume auf dem Weg nach Welle bilden fast eine Allee. Und sie waren ein Anstoß für Brita von Götz-Mohr für die Umsetzung einer nicht alltäglichen Idee – der Gründung des Kompetenzzentrums „Heimische Birnen“.

Bereits seit 1998 richtet Brita von Götz-Mohr zusammen mit ihrem Mann Christoph Mohr das Gutshaus in Welle mit seinen umliegenden Gebäuden wieder her. Beide haben die denkmalgeschützte Anlage damals von der Treuhand erworben. Und das nicht ohne Grund. Der Gutshof Welle gehörte zu den Landsitzen der Familie von Bismarck. „Der Bauherr war mein Ur-Ur-Ur-Großvater – der preußische Regierungspräsident in Magdeburg Levin-Friedrich von Bismarck“, sagt von Götz-Mohr und erklärt damit ihren familiären Hintergrund sowie ihre Verbundenheit mit dem Örtchen Welle.

Das Bismarcksche Landgut ist eine historische Gutsanlage aus dem Jahr 1820 mit einem kleinem Herrenhaus und neun Wirtschaftsbauten, die sich rings um einen großen Hof gruppieren. Die Familie ist dabei, diese weitläufige Hofstelle wieder herzustellen und ein neues kulturhistorisches Konzept für die Zukunft zu entwickeln. Das hat sich bislang gelohnt. „Das Herrenhaus wird von uns privat bewohnt, das Küchengebäude kann für Feste und Feiern gemietet werden, im alten Pferdestall ist eine erste Ferienwohnung entstanden“, sagt die Hausherrin. Im Sommer finden kunsthistorische Sommerkurse statt.

Nun folgt mit dem Kompetenzzentrum „Heimische Birnen“ ein weiterer Schritt. Genau: Mit Hilfe eines LEADER-Projektes entsteht ein Forum für alle Fragen rund um die Tradition der heimischen Birnen. Das Projekt soll zukünftig im Ort und für die altmärkische Region einen Anlaufpunkt schaffen, um das Bewusstsein für die Birnensorten zu schärfen. Dabei gehe es auch um die Erhaltung alter Sorten in den landschaftstypischen Alleen, auf Streuobstwiesen und in Hausgärten. Doch die Ideen von Brita von Götz-Mohr reichen noch weiter.

Geplant ist etwa der jährlich stattfindende Altmärker Birnentag. Diese Veranstaltung mit Vorträgen, Beratung durch Experten und praktischen Vorführungen zum Kochen und Backen mit heimischem Obst hatte bereits 2016 seine erfolgreiche Premiere. Am 17. September 2017 ist die nächste Auflage, dieses Mal wetterunabhängig in der dann restaurierten Scheune. Außerdem wurden bereits für den kommenden Sommer jeweils an den ersten Wochenenden des Monats Veranstaltungen mit Experten zu den Themen „Birnen & Bienen“ und „Backen im Steinbackofen“ organisiert.

„Zusammen mit Ruth Schwarzer haben wir die Idee entwickelt, dass zuerst für die Verwertung, etwa durch Kochen, Backen, Einmachen und Dörren, der gesunden heimischen Sorten wieder ein Bewusstsein geweckt werden muss“, erklärt Götz-Mohr ihr Konzept. Erst dann könne sinnvoller Weise für den Erhalt historischer Alleen und Obstgärten eingetreten werden. „Das Programm LEADER bietet dabei die einzigartige Chance, mittels der heimischen Birnen ein Stück altmärkischer Kulturlandschaft wieder zukunftsfähig zu machen.“

Internet: www.gutshof-welle.de

Drei Fragen an…

…die Gründerin des Kompetenzzentrums „Heimische Birnen, Brita von Götz-Mohr

Wie kamen Sie auf die Idee zum Projekt?

Brita von Götz-Mohr: Ausgangspunkt unserer Überlegungen ist eine der schönsten und noch weitgehend erhaltenen Birnbaum-Alleen der Altmark. Diese führt von Dahlen kommend über Dahrenstedt bis nach Welle. Die hohen pyramidalen Bäume der Sorte „Köstliche von Charneux“ sind jedoch gefährdet. Jedes Jahr verlieren wir durch Überalterung und nicht baumgerechten Schnitt einzelne Bäume. Das bedauern viele Menschen sehr, verlieren wir doch jedes Jahr ein Stück Kulturlandschaft. Diese benötigen wir dringend für die touristischen Perspektiven unserer Region.

Was haben Sie bisher Besonderes bei der Umsetzung des Projektes erlebt?

Von Götz-Mohr: Zu den schönsten Erfahrungen gehört, dass wir für alle Maßnahmen zur Sanierung der historischen Bauten qualifizierte Handwerksbetriebe in der Region gefunden haben. Am Schönsten war, dass die Entscheidung, mit unserem Projekt beginnen zu dürfen, gerade noch rechtzeitig kam, um am 18. September 2016 den wiederhergestellten Steinbackofen wieder in Gebrauch zu nehmen. Das große Interesse der Öffentlichkeit und der örtlichen Presse war eine gute Bestätigung.

Was wünschen Sie sich für die Zukunft des Projektes?

Von Götz-Mohr: Wir wünschen uns möglichst viele Menschen für die Thematik der heimischen Obstsorten und vor allem der Birnen gewinnen zu können. Das Thema möchten wir zusammen mit anderen regionalen Themen wie „Bismarck-Häuser in der Altmark“ und Buchsbaum auch zu touristischen Angeboten weiterentwickeln.