Neues Schloss Tangerhütte

Erfolgreiche Aktion Dachschaden

Wer bislang die Treppen im Neuen Schloss Tangerhütte hinauf stieg, konnte, unter dem Dach angekommen, Zeuge einer ganz besonderen Maßnahme werden. Den Dachboden der ehemaligen Fabrikantenvilla zierten zahlreiche Nachttöpfe. Diese Emailleschüsseln waren nicht nur die Überbleibsel des Altenheimes, das das Schloss einmal war. Sie hatten seit Jahren einen tieferen Sinn. Die Nachttöpfe waren so geschickt auf dem Boden verteilt, dass sie das tropfende Regenwasser auffangen sollten.

Das Neue Schloss im altmärkischen Tangerhütte, inmitten des Gartenträumeparks, hat nämlich einen Dachschaden. Seit Jahren war es undicht. Es regnete durch und der Wind pfiff durch alle Ecken. Die Nachtschüsseln taten zwar ihr bestes, aber lange konnte es so mit dem historischen Gebäude nicht mehr weitergehen. Ein neues Dach muss her, dachten sich viele Einwohner der Einheitsgemeinde Stadt Tangerhütte – und wurden so zu Engagierten rund um den Bürgermeister Andreas Brohm.

Einmalige Spendenaktion startet

Rückblick: 1909 bis 1911 entsteht das Gebäude als Hochzeitsgeschenk der Industriellenfamilie Wagenführ, die Raseneisenerz in der Region abbaut. Ferdinand Rudolf Curt von Arnim, der 1889 die Witwe des verstorbenen Werksbesitzers heiratete, entwirft die neobarocke Villa für den Sohn Johann Jacob Robert Franz Wagenführ. Der Tangerhütter Künstler Otto Funke, ein Modelltischler aus dem Eisenwerk, verleiht dem Haus und seiner Umgebung standesgemäße Pracht. Sein Prunkstück ist eine raumhohe geschnitzte Kaminverkleidung mit dem Wappen der Fabrikantenfamilie.

Damit das alles auch in Zukunft erhalten bleibt, muss das Dach des Schlosses dringend saniert werden. Etwa 250.000 Euro kostet die Baumaßnahme. Die Leader-Aktionsgruppe „Uchte-Tanger-Elbe“ unterstützt das Vorhaben. Aber für den Rest der Kosten, etwa ein Viertel, müssen Spenden her. Bürgermeister Brohm und viele Unterstützer starten Ende das Jahres 2017 eine bis dahin einmalige Aktion in Sachsen-Anhalt, die Spendenaktion „Dachschaden“.

Die Nachttöpfe haben ausgedient

Innerhalb von weniger als drei Monaten sammeln sie 62.500 Euro. Das Dach und damit das Schloss sind gerettet. „Wir konnten ein enormes bürgerschaftliches Engagement in Gang setzen“, sagt Brohm heute. Einwohner haben unter anderem einen Wintermarkt, einen Spendenlauf, ein Puppentheater und die große Party „Krach fürs Dach“ initiiert und damit Spenden gesammelt. Die Wochen der Anstrengungen haben zu einem enormen Gefühl des Zusammenhaltes beigetragen. „In einer Kommune, die aus verschiedenen Gemeinden politisch zwangsverheiratet wurde, ein sehr wichtiges Erlebnis“, sagt der Bürgermeister.

Die Bauarbeiten begannen im Januar 2019 mit dem Abriss des alten undichten Daches. Dann wurden nach historischem Vorbild wieder neu eingedeckt. Im September 2019, am „Tag des offenen Denkmals“, wurde das frisch sanierte Dach dann gebührend gefeiert. „Unser Erfolg wird sichtbar“, freut sich Brohm. Die ursprüngliche und historische Optik des Neuen Schlosses wurde dabei weitestgehend wiederhergestellt. Vieles bleibt noch zu tun. „Dazu bedarf es in Zukunft noch weiterer Bauabschnitte und Projekte“, schaut der Bürgermeister schon nach vorn. Die ausgedienten Nachttöpfe wurden bei dem Einweihungsfest versteigert, um Geld für die nächsten Vorhaben zu generieren.