Wohn- und Wehrturm Tornau

Eine besondere Herzensangelegenheit vom Opa

Ein historischer Wohn- und Wehrturm aus dem 12. Jahrhundert soll vor dem Verfall gerettet werden. Diese nicht alltägliche Aufgabe haben sich Nico Stiller und seine Familie vorgenommen. Sie bewohnen zusammen in der kleinen Ortschaft Tornau bei Stendal einen ehemaligen altmärkischen Vierseitenhof. Darauf befindet sich auch die Ruine des alten Feldsteinturmes – die Rettung dieses historischen Gemäuers war schon eine Herzensangelegenheit des Opas der Familie. Nun kann sie, auch mithilfe des EU-Programms LEADER, gelingen.

Der mittelalterliche Turm aus Feldstein ist das letzte erhaltene Bauwerk seiner Art im Norden Sachsen-Anhalts. Das ist besonders bemerkenswert und macht ihn einzigartig, war doch dem niederen Adel vor etwa 800 Jahren lediglich der Bau von Wehrtürmen aus Holz erlaubt. Da der Turm später nicht zu Wohnzwecken genutzt wurde, erfolgten weder Umbauten noch Sanierungen. „Das unter Denkmalschutz stehende Gebäude erlaubt somit noch heute einen Blick in das Leben früherer Zeiten in der Altmark“, sagt Nico Stiller. Möglich machen das unter anderem noch immer sichtbare Bestandteile eines Kamines oder einiger Kerzennischen.

Ohne Sanierung würde der Turm dem vollständigen Verfall preisgegeben. Bereits vor 20 Jahren ist das Dach eingestürzt. Regen, Sturm und Schnee setzten dem Gebäude zu. Das war für Nico Stiller das letzte Signal, sich um das Denkmal zu kümmern. Durch einen Restaurator ließ er eine bauhistorische Bewertung anfertigen. Vor zwei Jahren begannen dann die Arbeiten zur Sicherung des Turmes. Um das Denkmal langfristig erhalten zu können, stellten die Stillers einen Bauantrag. Die Hansestadt Stendal genehmigte das Vorhaben. Nach Erhalt eines vorzeitigen Maßnahmebeginns konnte es richtig losgehen.

„Erst einmal müssen das bestehende Mauerwerk neu verputzt und lockere Steine wieder in Mörtel gesetzt werden“, sagt der Bauherr. Außerdem sei geplant, die fehlenden Wandteile am Ost- und Südgiebel wieder zu errichten. Allerdings nicht im originalen Aussehen, sondern in Abstimmung mit dem Denkmalschutz optisch abgesetzt vom bisherigen Bestand. Danach bekommt der alte Turm wieder einen Dachstuhl in Pyramidenform, eingedeckt mit Biberschwanz-Ziegeln. Im Dezember 2017 soll die Sanierung des eingeschossigen Wehrturmes abgeschlossen sein. LEADER-Programm unterstützt das private Engagement zum Erhalt dieser einmaligen und historischen Anlage.

Familie Stiller freut sich auf die Fertigstellung und möchte das sanierte Gebäude nicht auf ihrem Hof verstecken. Sie plant, etwa zum „Tag des offenen Denkmals“ die Türen für Schaulustige zu öffnen. „Der Turm soll in Zukunft auch wissenschaftlichen Untersuchungen zur Verfügung stehen“, sagt Nico Stiller. Nur eine Renaissance als Wohnturm wird das Denkmal wohl nicht mehr erleben.

 

Drei Fragen an…

…den Besitzer des Wehrturmes Tornau, Nico Stiller

Wie kamen Sie auf die Idee, den alten Wohn- und Wehrturm wieder zu sanieren?

Nico Stiller: Der Turm ist Teil des von uns bewohnten ehemaligen Vierseithofes. Der Einsturz des Daches 1996 setzte den Turm den Witterungseinflüssen ungeschützt aus. Um dem endgültigen Verfall entgegenzuwirken, ist eine Sanierung des Mauerwerks und die Wiederherstellung des Daches zwingende Voraussetzung. Das LEADER-Projekt bot uns die Möglichkeit, dieses ehrgeizige Vorhaben zu verwirklichen. 

Was haben Sie bisher Besonderes bei der Umsetzung Ihres Projektes erlebt?

Stiller: Wir sind durch unsere Recherchen auf ein älteres Sanierungsprojekt eines Wohnturms in Wandersleben in Thüringen gestoßen. Es war unglaublich beeindruckend, in wie vielen Details dieser Turm mit dem Unseren übereinstimmt, auch wenn dort mit völlig anderem Gesteinsmaterial gearbeitet wurde. Das Gespräch mit einem der damals am Erhalt Beteiligten hat uns sehr motiviert.

Was wird sich durch das Projekt für Sie persönlich verändern?

Stiller: Die Verbundenheit mit dem Wohnturm und unserem Besitz wird sich durch dieses Vorhaben noch verstärken.